Gericht kippt NetzDG: Verstoß gegen EU-Recht
Google und Meta haben gegen Teile des NetzDG geklagt. Jetzt haben sie einen ersten Erfolg erzielt: Die Meldepflicht im NetzDG verstoße gegen das Herkunftslandprinzip, meint das Verwaltungsgericht Köln.
Google und Meta haben gegen Teile des NetzDG geklagt. Jetzt haben sie einen ersten Erfolg erzielt: Die Meldepflicht im NetzDG verstoße gegen das Herkunftslandprinzip, meint das Verwaltungsgericht Köln.
Ein EU-Gericht hat heute (10.11.2021) die vor vier Jahren durch die EU-Kommission verhängte Geldstrafe von 2,42 Milliarden Euro an Google bestätigt. Schmerzhaft für den Konzern, gut für die Verbraucher.
Das Internet vergisst nichts – heißt es immer wieder. Und stimmt ja auch: Wer sich selbst mal googelt, findet vielleicht auch blöde Partyfotos, einen mehr oder weniger dummen Kommentar in einem Forum, ein witziges Urlaubsvideo – aber mit der Ex-Partnerin – im Netz. So etwas würde man doch am liebsten loswerden… Geht aber nicht. Doch das Bundesverfassungsgericht hat jetzt entschieden: In ganz bestimmten Fällen gibt es sehr wohl ein Recht auf Vergessen.
Ein Mann, der 1982 wegen zweifachen Mordes verurteilt wurde – ein spektakulärer Fall auf einem Segelschiff, deshalb hat die Presse darüber geschrieben –, hat Jahre nach seiner Freilassung geklagt. Denn wer seinen Namen eingibt, findet praktisch direkt alte Artikel über ihn, vor allem im Online-Archiv des Spiegel, die über den Fall berichten. Das Argument: Er wird die Tat nicht los. Obwohl er seine Haftstrafe abgesessen hat.
Nun gibt es ein vom Europäischen Gerichtshof längst festgestelltes „Recht auf Vergessen im Internet“. Das gilt auch in besonders schweren Kriminalfällen, sagt das Verfassungsgericht. Der Mann hat also einen Anspruch darauf, dass nicht jeder durch Eintippen seines Namens erfährt, dass er wegen Mordes gesessen hat.
Müssen jetzt alle Artikel mit seinem Namen aus dem Archiv entfernt werden? Nein, gestrichen werden muss der Artikel nicht. Aber die Richter des BVG sind der Ansicht, der Spiegel – und damit auch andere Redaktionen und Archive – müssten den Zugang begrenzen. Zum Schutz der Persönlichkeitsrechte müssten Anfragen über den Namen in solchen Fällen erschwert werden. Zum Beispiel sollte nicht jeder, schon gar nicht über eine Suchmaschine bequem Zugang bekommen. Möglicherweise erst nach Anmeldung, nur für wissenschaftliche oder journalistische Zwecke. Das muss nun genauer geklärt werden.
Es gilt, viele Dinge abzuwägen. Personen des Öffentlichen Interesses genießen solche Schutzrechte natürlich nicht. Auch muss geschaut werden, wie lange etwas zurückliegt – und ob es sich nur um Befindlichkeiten handelt, oder um starke Eingriffe in die Persönlichkeitsrechte, wie im vorliegenden Fall. Ein anderer Fall wurde auch verhandelt. Da fühlte sich eine Frau unwohl damit, dass ihr Name in einem NDR-Beitrag aus dem Jahr 2000 auftaucht, unter der Überschrift „Fiese Tricks“. Das müsse sie sich gefallen lassen, nicht zuletzt, weil der Bericht noch vergleichsweise jung ist, sagen die Richter. Es ist also nicht einfach.
Ich finde es richtig. Denn nicht alles sollte für jeden in aller Ewigkeit zugänglich sein. Es ist keine Einschränkung der Presse- oder Meinungsfreiheit, wenn nicht alles für jeden für immer zugänglich ist. Jetzt braucht es eine Diskussion um die genauen Spielregeln, denn die muss jedes Land selbst definieren.
Immer wieder kursieren Fotos, Videos und Nachrichten in den Sozialen Netzwerken, die gefälscht, bedenklich oder sogar kriminell sind. Facebook reagiert in der Regel eher zurückhaltend, lässt ein gefälschtes Video lieber etwas länger online als es zu stoppen. Und dann wiederum werden Posts gelöscht, die eigentlich in Ordnung sind. Es gibt ständig Ärger. Deshalb will Facebook eine Art „Schiedsgericht“ auf den Weg bringen, das in schwierigen Situationen entscheiden soll.
Nach welchen Regeln soll Facebook Inhalte blockieren und löschen? Manchmal wird zu wenig gelöscht, manchmal zu viel. Einfach ist die Aufgabe ganz sicher nicht – was daran liegt, dass Facebook Plattform und Mediunm zugleich ist. Jetzt will Facebook ein „Oversight Board“ rinführen. Eine Art Entscheidungsgremium für Zweifelsfälle – reicht das?
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Das Bundesverfassungsgericht hat festgestellt: Datenschutz hat seine Grenzen. Der Mail-Dienst Posteo muss seine Nutzer überwachen können – wenn es eine Behörde und ein Gericht anordnet. Was bedeutet das für uns?
Ein Jahr Netzwerkdurchsetzungsgesetz (NetzDG) – und man hört keinen einzigen Politiker jubeln, keinen Verband schimpfen. Kein gutes Zeichen. Eher ein Zeichen dafür, dass man gut auf das NetzDG hätte verzichten können. Aber was denkt Netzaktivist und re:publica-Gründer Markus Beckedahl über die Auswirkungen des Gesetz? Ich habe mit ihm gesprochen.
Wir alle haben heute Online-Konten, bei Online-Shops, bei Sozialen Netzwerken, bei eMail-Diensten. Was passiert aber eigentlich, wenn eine Person verstirbt – wer darf dann auf die Daten zugreifen? Genau darüber hat diese Woche der Bundesgerichtshof (BGH) zu entscheiden gehabt.