Der Start des Twitter/X-Klons „Threads“ in Europa sorgt für eine Menge Aufmerksamkeit. Viele User richten dort Konten ein und schauen sich um. Ein paar Infos über den Twitter-Nachbau.
Schon Hermann Hesse wusste: „In jedem Anfang wohnt ein Zauber inne“. Das gilt ganz besonders für neue Dienste, die in der digitalen Blase starten. Viele Menschen wollen von Anfang an dabei sein, auf keinen Fall als Nachzügler gelten. So ist das zweifellos auch beim neuen Social Media Dienst Threads, der Twitter/X-Alternative des Meta-Konzerns, die jetzt auch in Europa und damit in Deutschland zugänglich ist.
Threads: Schon nach 1 Stunde eine Million Nutzer
Als der Dienst Ende Juli in den USA gestartet wurde, hatte er schon nach einer Stunde eine Million Nutzer. Rekordtempo! Der Chatbot ChatGPT brauchte dafür immerhin fünf Tage – Facebook sogar fünf Monate. Längst hat Threads die 100-Millionen-Grenze bei den Downloads überschritten.
Auch in Deutschland zeichnet sich großes Interesse ab: Nach dem Start wurde viel über Threads berichtet und viele Menschen aktivieren die App, nicht zuletzt, weil sie auf Facebook und Instagram darauf hingewiesen werden.
Doch Downloads sind nicht gleich User: Laut aktuellen Untersuchungen und Statistiken von „Sensor Tower“ ist nur ein vergleichsweiser geringer Anteil bislang zu regelmäßigen Nutzern geworden.
Der Grund liegt auf der Hand: Insbesondere Kommunikationsnetzwerke wie Twitter/X, Facebook, Whatsapp etc. profitieren von ihrer Dominanz. Dafür sorgt der „Systemeffekt“: Die Menschen bleiben, wo auch alle anderen sind – oder gehen dorthin, wo sich noch mehr Menschen befinden. Man will nichts verpassen, im einen wie im anderen Fall.
Günstiger Zeitpunkt für ein alternatives Angebot
Der mittlerweile X getaufte Kurznachrichtendienst Twitter ist durch die Übernahme durch Elon Musk ins Straucheln geraten. Viele Nutzer und Werbekunden fühlen sich nicht mehr wohl (das gilt allerdings längst nicht für alle). X wird unter anderem vorgeworfen, eher rechte Inhalte zu fördern und nicht ausreichend etwas gegen Desinformation sowie Hass und Hetz zu unternehmen.
Daher ist der Zeitpunkt günstig, mit Threads eine Alternative zu X anzubieten. Eine, die einfach zu handhaben ist – und von der auch niemand annehmen muss, gleich wieder unterzugehen. Die beiden bisherigen Alternativen Mastodon und Bluesky haben es jedenfalls bislang nicht geschafft, die Massen zu mobilisieren. Dabei sind beide nicht-kommerziell und bieten aus technischer Sicht eindeutige Vorteile.
Threads einfacher zu handhaben als Mastodon oder Bluesky
Doch bei Mastoden müssen sich Nutzer bei der Installation für „Instanzen“ entscheiden, was viele überfordert. Auch mit Bluesky kommen nicht digital-affine Menschen nicht gleich zurecht. Doch der entscheidende Punkt ist der: Finde ich dort genug Freunde oder verliere ich mein soziales Netzwerk bei Twitter?
Es ist schon einigermaßen absurd, dass ausgerechnet der Meta-Konzern, der mit Facebook, Instagram und Whatsapp ohnehin schon der größte Anbieter von Kommunikationsdiensten ist, nun als Heilsbringer für frustrierte Twitter/X-User gehandelt wird.
Meta verdient mit Daten sein Geld
Doch auf der anderen Seite: Wer ohnehin schon Facebook, Instagram und/oder Whatsapp benutzt, hat nicht mehr viel zu verlieren. Wem es bei den einen Diensten egal ist, dass Daten gesammelt und ausgewertet werden, dem wird es bei einem weiteren Dienst nicht stören.
Wer die Apps Threads installiert, bekommt ein Layout präsentiert, das nahezu extrem an Twitter/X erinnert. Eine Umgewöhnung braucht es nicht. User können bis zu 500 Zeichen lange Texte schreiben, auch Bilder/Fotos und bis zu fünf Minuten lange Videos posten. Bereits vorhandene Kontakte aus Facebook oder Instagram werden einem gleich angezeigt und zum Threads-Netzwerk hinzugefügt.
Auch auf Threads wird es früher oder später Werbung geben
Die einfache Anmeldung und die Tatsache, sich vom ersten Moment an nicht allein zu fühlen (obwohl die angezeigten Kontakte vielleicht noch gar nicht bei Threads) sind, könnten ein Erfolgsrezept für Threads sein.
Noch gibt es nicht die geringsten Anzeigen von Werbung. Doch Mark Zuckerberg hat sich noch immer etwas einfallen lassen – so war es auch bei Instagram –, wie sich ein funktionierendes Netzwerk in eine Gelddruck-Maschine verwandeln lässt.