Wer in die USA reisen will, muss künftig womöglich seine digitale Seele offenlegen. Die US-Grenzschutzbehörde plant drastische Verschärfungen bei der Einreise – auch deutsche Urlauber wären betroffen.
Was sich ändern soll
Die US-Zoll- und Grenzschutzbehörde (CBP) hat einen Vorschlag veröffentlicht, der die Einreisebestimmungen für Touristen grundlegend verändern würde. Betroffen wäre das ESTA-Verfahren – jene elektronische Einreisegenehmigung, die Deutsche und Bürger aus über 40 weiteren Ländern für visumfreie Aufenthalte bis zu 90 Tagen benötigen.
Bisher konnten Reisende freiwillig angeben, auf welchen Social-Media-Plattformen sie aktiv sind. Das soll sich ändern: Nach den neuen Plänen müssten alle Profile der vergangenen fünf Jahre verpflichtend angegeben werden – egal ob Instagram, TikTok, X, Facebook oder andere Netzwerke.
Doch damit nicht genug. Der Behördenvorschlag sieht weitere Pflichtangaben vor: Telefonnummern der letzten fünf Jahre, E-Mail-Adressen der letzten zehn Jahre, IP-Adressen und sogar Metadaten aus hochgeladenen Fotos. Hinzu kommen Angaben zu Familienangehörigen – Namen, Geburtsdaten, Wohnorte und Telefonnummern.
Langfristig plant die CBP außerdem, verstärkt biometrische Daten zu erfassen: Fingerabdrücke, Gesichtsmerkmale, Iris-Scans und sogar DNA-Informationen.
Warum die USA das wollen
Die Trump-Regierung begründet die Verschärfungen mit einer Präsidialverfügung vom Januar 2025 zum „Schutz der Vereinigten Staaten vor ausländischen Terroristen sowie anderen Bedrohungen der nationalen Sicherheit und öffentlichen Sicherheit“. Nur mit umfassenden Daten ließen sich potenzielle Gefahren rechtzeitig erkennen, argumentieren die Behörden.
Die Überprüfung von Social-Media-Profilen ist dabei kein völlig neues Instrument. Für bestimmte Visa-Kategorien gilt sie bereits seit Jahren. Ausländische Studienbewerber etwa müssen ihre Profile schon heute auf „öffentlich“ stellen. Die geplante Ausweitung auf alle ESTA-Reisenden würde das Screening aber auf eine völlig neue Ebene heben.
Was das für deutsche Urlauber bedeutet
Wer künftig in die USA will, muss damit rechnen, dass Grenzbeamte die eigenen Posts, Likes und Kommentare der vergangenen Jahre durchforsten können. Aus Social-Media-Profilen lassen sich politische Überzeugungen, private Kontakte und persönliche Lebensgewohnheiten ablesen – ein tiefer Einblick in die Privatsphäre.
Dass dies keine theoretische Gefahr ist, zeigen bereits eingetretene Fälle: Reisenden wurde die Einreise verweigert, weil sie kritische Posts über Präsident Trump veröffentlicht hatten. Ausländischen Studierenden wurde wegen missliebiger Social-Media-Beiträge die Aufenthaltserlaubnis entzogen.
Ein besonderes Problem: An US-Grenzen gilt der Schutz vor willkürlicher Durchsuchung aus dem Vierten Verfassungszusatz nicht. US-Bürger können eine Handy-Durchsuchung verweigern und trotzdem einreisen – auch wenn das zu zusätzlichen Befragungen führen kann. Ausländische Touristen hingegen riskieren bei einer Verweigerung Inhaftierung oder Abschiebung.

Heftige Kritik von Bürgerrechtlern
In den USA stoßen die Pläne auf massiven Widerstand. Datenschützer und Bürgerrechtsorganisationen kritisieren den Vorstoß als unverhältnismäßig. Sophia Cope von der Electronic Frontier Foundation warnt, die Regeln könnten „die Beeinträchtigung der Bürgerrechte verschärfen“.
Kritiker argumentieren, dass die Maßnahmen weit über das hinausgehen, was für Sicherheitszwecke notwendig wäre. Die massenhafte Sammlung persönlicher Daten schaffe ein Klima der Überwachung und könnte Menschen davon abhalten, sich online frei zu äußern – auch außerhalb der USA.
Noch keine beschlossene Sache
Der Vorschlag wurde am 10. Dezember 2025 im US-Amtsblatt (Federal Register) veröffentlicht. Er ist noch nicht rechtskräftig, sondern steht 60 Tage lang zur öffentlichen Kommentierung. In dieser Zeit können Stellungnahmen eingereicht werden. Theoretisch könnte die Regelung noch abgeändert oder gerichtlich gestoppt werden.
Allerdings hat die Trump-Regierung bereits im August 2025 die Überprüfung von Visa-Inhabern massiv ausgeweitet. Millionen Menschen, die sich bereits in den USA aufhalten, wurden laut „Washington Post“ unter die Lupe genommen – mit intensivem Blick auf ihre Online-Aktivitäten.
Was du jetzt tun kannst
Auch wenn die neuen Regeln noch nicht in Kraft sind, lohnt es sich, vorbereitet zu sein:
Überprüfe deine Social-Media-Profile. Schau dir an, was du in den vergangenen fünf Jahren gepostet hast. Gibt es Inhalte, die bei US-Grenzbeamten Fragen aufwerfen könnten? Politische Kommentare, kritische Äußerungen, kontroverse Likes?
Sichere deine Daten vor der Reise. Die Electronic Frontier Foundation empfiehlt, vor der Einreise in die USA alle wichtigen Daten zu sichern – für den Fall, dass das Gerät durchsucht oder beschlagnahmt wird.
Überlege dir deine Strategie. Du kannst dich entscheiden, alle Profile anzugeben, nur manche zu nennen oder die Angabe (solange sie noch freiwillig ist) zu verweigern. Jede Option hat Vor- und Nachteile. Eine Verweigerung könnte zu intensiveren Kontrollen führen.
Lösche nicht vorschnell Profile. Komplett leere oder frisch gelöschte Social-Media-Präsenzen könnten bei Grenzbeamten erst recht Misstrauen wecken.
Beobachte die Entwicklung. Die 60-tägige Kommentierungsfrist läuft bis Februar 2026. Erst danach wird klar, ob und in welcher Form die Regeln tatsächlich kommen.
Die geplanten Verschärfungen markieren einen Paradigmenwechsel bei der Einreise in die USA. Was als Sicherheitsmaßnahme verkauft wird, ist ein massiver Eingriff in die Privatsphäre von Millionen Reisenden. Wer einen Trip nach New York, Los Angeles oder in die Nationalparks plant, sollte die Entwicklung genau im Blick behalten. Die Zeiten des unbeschwerten USA-Urlaubs könnten bald vorbei sein.
Quellen: US Federal Register (10.12.2025), Electronic Frontier Foundation, ORF, Bloomberg, New York Times