Streaming ist das neue Fernsehen. Netflix und Co. bieten wirklich eine Menge Vorteile: Dank der Streamingdienste ist immer Primetime. Weil immer genau das läuft, was wir sehen wollen. Worüber sich aber nur die wenigsten Gedanken machen: Dabei fallen eine Menge Daten an. Netflix und Co. können lückenlose Profile anfertigen – und machen das offensichtlich auch. Die anfallenden Daten lassen sogar Rückschlüsse auf die Psyche und Stimmung zu.
Dass Netflix und andere Streamingdienste wissen, was wir schauen, das kann man sich ja denken. Aber offensichtlich wissen sie deutlich mehr als das.
Netflix registriert praktisch jede Regung. Was wir schauen, wann wir schauen, ob wir eher Serien angucken oder Filme. Und wenn wir Serien-Fan sind, ob wir Binge-Watcher sind – also diverse Episoden am Stück – oder eher diszipliniert eine Folge pro Tag. Doch es kommt noch krasser: Netflix speichert auch, wonach wir suchen, was wir anklicken, an welchen Stellen wir den Stream anhalten – und wie lange. Ob wir uns eine Szene mehrmals anschauen – und welche. Oder ob wir sie überspringen. So entstehen ziemlich präzise Profile: Bin ich Romantkerin oder Action-Fan? Schaue ich mir Serien mit Untertiteln an oder immer wieder dieselbe Art von Szene?
Ein psychologisches Profil
Es entsteht also eine Art psychologisches Profil. Aber was sagt das über uns aus – und was kann der Anbieter damit anfangen?
Ohne dass wir es wissen – wir werden ja nicht darüber informiert – und ohne dass wir es wollen, bekommt ein Streaming-Anbieter tiefe Einblicke in unser Seelenleben. Sogar, ob unsere Stimmung sich ändert, bekommen die Anbieter mit. Das sind sensible Daten, die einem Konzern da zur Verfügung stehen. Für den Anbieter ist das interessant.
Zum einen kann er uns präziser Filme und Serien anbiete, die zu uns passen. Das mögen die meisten noch als praktisch empfinden. Netflix kann darüber hinaus auch präzise ermitteln, welche Stellen in einem Film oder einer Serie besonders gut ankommen – oder eben auch nicht. Und so die Drehbuschreiber motivieren, die Drehbücher zu „optimieren“. Problematisch wird es aber, wenn die Daten mit anderen Datenquellen zusammengeführt werden.
Problematisch wird es, wenn die Daten zusammengeführt werden
Manche werden nun sagen: Aber Netflix ist doch ein eigenständiges Unternehmen – mit welchen Daten sollten die dort erhobenen Daten zusammengeführt werden?
Richtig: Netflix ist eigenständig. Aber wer garantiert, dass die Daten nicht mit – sagen wir mal – Google zusammengelegt werden? Und sehen wir uns einen anderen Anbieter an: Amazon, sieht die Sache schon ganz anders aus. Amazon bietet auch Streamingdienste an – Musik, Filme, Serien – und wird nicht weniger gut informiert sein über unser Seelenheil als Netflix. Nur: Amazon verfügt über sehr viel mehr Daten. Aus dem Onlineshop, von Alexa, vom Musik-Streamingdienst, vom Hörbuch-Dienste Audible, dem eBook-Service Kindle etc. pp. Hier lassen sich Profile erstellen, die messerscharf sind – und beängstigend.
Die nötigen Konsequenzen
Ich finde es problematisch, dass man Anbieter wie Netflix oder Amazon schriftlich auffordern muss – in der Regel sogar mehrfach -, die Daten überhaupt herauszurücken. Es wäre nötig, dass wir jederzeit sehen, welche Daten erhoben wurden – und wir sollten die Möglichkeit haben, darauf Einfluss zu nehmen. Die Daten auch wieder zu löschen. Der Gesetzgeber muss also den rechtlichen Rahmen dringend anpassen – im Interesse der Verbraucher. Das, was die Onlinedienste heute erheben und auswerten können, ist gruselig. Das sollte uns bewusst sein, wenn wir die Dienste nutzen.