Bundespräsident Steinmeier hat gerade das Gesetz zur Bekämpfung von Hasskriminalität unterschrieben. Es sieht auch eine Datenweitergabe an das BKA vor, um Rechtsverstöße schneller und effektiver ahnden zu können. Die großen Plattformen sollen also nicht nur löschen – wie es bereits das Netzwerkdurchsetzungsgesetz (NetzDG) vorsieht -, sondern auch strafbare Postings melden.
Seit Anfang 2018 gibt es bereits das NetzDG in Deutschland. Es verpflichtet Plattformen wie Facebook, Youtube, Twitter und Co. unter anderem, gemeldete Postings innerhalb von 24 Stunden zu löschen, wenn sie „offensichtlich gegen geltendes Recht“ verstoßen.
Wirkungslos und übervorsichtig
So sinnvoll es ist, ein Gesetz zu haben, das Leitplanken bei den Plattformen einziehen will, und ein anderes, das Rechtsverstöße ahnden soll: Das Problem ist damit nicht aus der Welt.
Das zeigt eine aktuelle Studie, die vollständig (400 Seiten) kostenlos verfügbar ist: Demnach ist das NetzDG auf der einen Seite nahezu wirkungslos und sorgt auf der anderen für eine Art Overblocking.
Es werden also zu viele, darunter auch harmlose Beiträge – aus Vorsicht, um Bußgelder zu vermeiden! – geblockt und damit auch berechtigte freie Meinungsäußerung behindert. Zugleich bekommen die Plattformen das eigentliche Problem nicht in den Griff. Hass, Hetze und Desinformation sind nach wie vor sehr präsent auf den Plattformen.
Gesetze helfen nicht gegen Hass
Auch das neue Gesetz gegen Hasskriminalität reicht letztlich nicht. Denn Facebook und Twitter haben Hass und Hetze nicht erfunden. Sie sind allzu häufig Katalysatoren und Beschleuniger für Frust, Empörung und Wut. Weil jede(r) alles sagen und behaupten kann und die Algorithmen ausgerechnet diese wütenden Inhalte und die Reaktionen darauf bevorzugt zeigen, wird die Lage schlimmer, nicht besser.
Wieso sind die so drauf?
Aber wieso sind die Menschen eigentlich so drauf? Wieso dieser Frust, diese Wut, diese Respektlosigkeit? Psychologen fragen da bei der Ursachenforschung nach dem „eigenen Anteil“. Das vermisse ich in der Politik.
Die Regierung macht sich einen schlanken Fuß, wenn sie lediglich versucht, die Plattformen zu regulieren – und damit die Verantwortung von sich schiebt.
Denn es sind auch politische Entscheidungen, die Menschen erst wütend machen und dann verzweifeln und vielleicht sogar hassen lassen. Eine vergeigte Migrationspolitik, soziale Ungerechtigkeit, Tatenlosigkeit bei der Bildungspolitik, schlechtes Krisenmanagement, zaudernde Klimapolitik – und nicht zuletzt Missmanagement bei Corona.
Ganz zu schweigen von den vielen Fällen der Selbstbereicherung von Politikern in den letzten Wochen.
Zugleich gibt es viele Hinweise, dass die Politik einen Einfluss darauf hat, wie wir alle miteinander umgehen. Und dieses Klima entlädt sich eben auch in den Netzwerken.