Als vor 100 Tagen die Corona Warn App (CWA) an den Start gegangen ist, waren Erwartungen und Befürchtungen gleichermaßen sehr groß. Doch die Befürchtungen sind nicht eingetreten. Die App hat nicht zu einer Massenüberwachung geführt. Die App tut im Wesentlichen das, was sie soll. Sie könnte es besser, wenn mehr Menschen sie nutzen würden. Und da kommen wir zu einer Schwäche: Die Bundesregierung hat zu wenig kommuniziert.
Vor ziemlich genau 100 Tagen ist sie an den Start gegangen: die Corona Warn App der Bundesregierung. Seitdem ist die durchaus auch umstrittene App rund 18,2 Millionen Mal geladen worden – zumindest nach den offiziellen Zahlen des Robert Koch Instituts (RKI).
Apple-User sind offensichtlich eher bereit, die App zu installieren, als Google-User. Denn trotz des erheblich geringeren Marktanteils des iPhones machen die Apple-User beinahe die Hälfte der Downloads aus.
Unklar, wie viele die App noch benutzen
Wie viele Menschen die App auch tatsächlich (noch) benutzen, ist nicht bekannt. Darüber gibt es aus Datenschutzgründen keine Informationen. Ebenso wenig, wie häufig die App eigentlich User gewarnt hat. Oder wie viele Risikobegegnungen ermittelt wurden.
Solche Daten wären für die Behörden zweifellos interessant und auch nützlich, liegen aber nicht vor. Denn der Datenschutz und damit Datensparsamkeit waren bei der App von Anfang an wichtig.
Nach 100 Tagen Corona Warn App stellt sich natürlich die Frage: War und ist das Projekt erfolgreich? Einen mit Zahlen oder Fakten belastbaren Beleg kann niemand beibringen, denn wir wissen nicht, wie es ohne Corona Warn App gelaufen wäre.
Anfangs beeindruckend, dann stagniert
Mein Eindruck jedenfalls: Anfangs waren die Download-Zahlen beeindruckend. Wir haben schnell die angestrebten 15 Prozent Durchdringung in der der Bevölkerung erreicht. Die sind nötig, damit so eine App ihre Wirksamkeit entfalten kann.
Leider haben die Download-Zahlen danach auf diesem Niveau stagniert. Einen weiteren „Run“ auf die App hat es nicht mehr gegeben.
Nicht gut genug erklärt und kommuniziert
Ich sehe einen Mangel in der Kommunikation durch die Bundesregierung. Anfangs gab es einige PR-Spots. Doch danach herrschte Totenstille.
RKI und Bundesregierung hätten immer wieder auf die App hinweisen müssen. Neue Funktionen vorstellen und erklären. Die Zwischenfälle zwischendurch einordnen (verwirrende Meldungen und Fehler). Spätestens als Google und Apple ihre eigene Lösung präsentierten, gab es erheblichen Kommunikationsbedarf. Aber Bundesgesundheitsminister Spahn und alle anderen haben geschwiegen.
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Mängel und mehr
Ein erheblicher Mangel – und das ist mittlerweile unumstritten – war und ist natürlich die schlechte Anbindung der Gesundheitsämter und Labore. Das war anfangs besonders schlimm, da konnten nur die allerwenigsten Labore QR-Codes herausgeben, um eine Infektion in der App zu melden.
Hier rächt sich, dass die Bundesregierung häufig von Digitalisierung redet, aber eben doch bei weitem nicht genug unternimmt. Das hatte zur Folge, dass weniger User als machbar ihre Infektion in der App auch gemeldet haben – was zweifellos der eigentliche Sinn der App war und ist.
App hätte effektiver sein können
Die Corona Warn App ist meiner Ansicht nach vergleichsweise gut gelungen. Sie hätte mehr Daten liefern und damit auch effektiver sein können, allerdings zulasten des Datenschutzes. Die vielen Sicherheitsbedenken im Vorfeld waren zweifellos wichtig, wurden aber nicht bestätigt. Datentechnisch hat es kaum Pannen gegeben.
Die EU sollte aus den Erfahrungen lernen. Dass jedes Land an einer eigenen Lösung bastelt – und das völlig unvorbereitet – darf und sollte sich nicht wiederholen.