Facebook: Was bringt #StopHateForProfit wirklich – und was muss sich ändern?

Die #StopHateForProfit-Initiative ist gut gemeint – aber ist sie auch gut gemacht? Können die Initiatoren wirklich was bewegen bei Facebook oder verpufft der Effekt vollkommen ungehört. Fest steht: Die Kritik an Facebook wird immer lauter, das Unternehmen mache nicht genug gegen Fake-News, Hass und Hetze. Wer sich die Hintergründe anschaut, sieht schnell: Die Sache ist alles andere als einfach. Vor allem, wenn es um die US-Präsidentschaftswahlen geht.

Der Effekt von Aktionen wie #StopHateForProfit ist derzeit noch überschaubar. Die Werbeeinnahmen sprudeln weiterhin. Wer heute etwas verkaufen will, ist nahezu gezwungen, auf Facebook zu gehen – vor allem, wenn er junge Menschen erreichen will, etwa auf Instagram. Nirgendwo sonst können Werbetreibende so gezielt die gewünschte Zielgruppe ansprechen. Alle, die auf Facebook Werbung schalten, sind begeistert, wie gut das funktioniert.

Deshalb werden sich nicht einfach alle aus dem Netzwerk zurückziehen. Im Gegenteil: Im Augenblick ist es günstiger und einfacher, auf Facebook Werbung zu platzieren, weil große Marken wie Honda, Coca Cola und andere Facebook tatsächlich meiden. Und ganz ehrlich: Welchen Effekt hat es, wenn einige Promis mal für einen Tag nicht auf FB/Instagram sind. Das tut keinem weg. Wenn sie komplett gehen würden, für immer, das würde vielleicht was bewegen. So ist es ein Lippenbekenntnis. Aber dennoch: Die Aktion zwingt Facebook zumindest, sich mit dem Thema zu beschäftigen.

Facebook und der US-Wahlkampf

In den USA ist der Präsidentschaftswahlkampf im vollen Gange. Es gibt verschiedene Ebenen, wie in den Wahlkampf und in die politische Meinungsbildung eingegriffen wird. Einer ist über bezahlte Anzeigen: Das sind dann Posts, auch Fotos und Videos, die aussehen wie ein Post von ganz normalen User oder von Verbänden oder teilweise auch offiziellen Quellen – die aber bezahlt sind, damit sie öfter gezeigt werden. Hier wurde im vergangenen Wahlkampf viel gezeigt, was als manipulativ bezeichnet werden muss – und die Wahl zweifellos auch beeinflusst hat.

Aber wie stark? Ausschlaggebend? Niemand kann es wissen, da sich so etwas nicht wissenschaftlich messen lässt. Es hat strenge Untersuchungen deswegen gegeben – und sich einiges getan. Die Spielregeln für alle, die Anzeigen mit politischen Botschaften schalten wollen, haben sich verschärft. Eigentlich sollte es nicht mehr möglich sein, dass mit Geld aus Russland solche Anzeigen geschaltet werden – aber 100% verhindern lässt es sich gewiss auch nicht.

Das Argument: Freie Rede

Während Twitter immer wieder zum Beispiel Postings von Donald Trump markiert, etwa wenn er Unwahrheiten über die Briefwahl verbreitet, gibt es solche Kennzeichnungen auf Facebook sehr selten. Der Grund: Facebook hält jede Form von Kennzeichnung und erst recht Löschung für einen Eingriff in die Redefreiheit, die in den USA bekanntlich einen sehr hohen Stellenwert genießt.

Das ist eine grundsätzliche Haltung von Mark Zuckerberg. Tatsächlich ist es auch nicht einfach zu entscheiden, ob eine Nachricht wahr ist oder nicht. So kursierte Anfang des Jahres zB ein Video von Joe Biden, das ihn angeblich schlafend zeigt – während eines Interviews. Kein Algorithmus und eigentlich auch kein Mitarbeiter kann spontan entscheiden, ob das echt ist oder nicht.

Es wurde sogar aus dem Weißen Haus geteilt. Hier helfen nur Faktenchecker, wie Facebook sie ja durchaus überall in der Welt eingeführt hat, die aber natürlich immer nur hinterher aufräumen können. Auch andere große Medien versuchen etwas zu unternehmen. Die New York Times zB hat ein Format namens „Daily Distortions“ eingeführt – tägliche Verzerrungen. Hier werden Behauptungen aus dem Netz aufs Korn genommen – und entweder bestätigt oder falsifiziert. Auch Präsidentschaftskandidat Joe Biden hat ein eigenes Team, das Falschmeldungen in den Social Media bekämpfen soll. Anders geht es kaum. Aber: Was ist in der Politik schon wahr?

Es gibt noch viel zu tun

Ist denn kein Kraut gegen Fake-News in Sozialen Netzwerken gewachsen?

Nein: Es gibt keine einfache Lösung. Facebook und Co müssen mehr tun, das ist gar keine Frage. Vor allem sollten die gezwungen werden, deutlich mehr relativierende Informationen anzuzeigen – was da bislang gemacht wird, ist zu wenig. Die Quellen müssen deutlicher zu erkennen sein. Aber am Ende würde es nur helfen, wenn es Konsequenzen hat, wenn Leute man aktiv Falschmeldungen verbreiten. Das geht sicher nur mit weniger Anonymität – das wäre ein dickes Brett, das gebohrt werden muss.

 

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