Login-Falle: Neues Instrument gegen Hass und Hetze

von | 03.12.2021 | Digital, Mobility

Beleidigungen und Drohungen im Netz: Die Ampel-Koalition will ein neues Verfahren einsetzen, um Täter in Sozialen Netzwerken schneller zu identifizieren. Die Login-Falle bietet interessante Ansätze.

Wenn es darum geht, (leider) alltägliche Straftaten in sogenannten „sozialen Netzwerken“ strafrechtlich zu ahnden – etwa Stalking, Hass, Hetze, Beleidigungen, Drohungen –, wird es für Polizei und Behörden regelmäßig schwierig, die Täterinnen und Täter zu identifizieren. Das Recht auf Anonymität erschwert Strafverfolgung erheblich.

Im Koalitionsvertrag der Ampel findet sich ein Hinweis, dass die Politik künftig ein neues Instrument einsetzen will. Auf Seite 110 steht folgender, zunächst unscheinbar wirkender Satz: „Mit der Login-Falle wollen wir grundrechtsschonende und freiheitsorientierte Instrumente schaffen, um die Identifizierung der Täterinnen und Täter zu erreichen.“

Beim Login fallen Daten an

Bei jedem Login fallen Daten an

 

 

Attraktive Alternative zu Klarnamenpflicht und Vorratsdatenspeicherung

Die Login-Falle ist neu. Bislang standen immer nur Klarnamenpflicht, Identifizierungspflicht oder Vorratsdatenspeicherung zur Debatte. Doch all diese Werkzeuge bergen enorme Nachteile und Risiken. Wenn sich jeder nur noch mit seinem echten Namen im Netz äußern darf (Klarnamenpflicht), schränkt das die Meinungsfreiheit ein. Da viele Menschen dann Repressalien und Bedrohungen befürchten müssen.

Die Identifizierungspflicht erlaubt weiterhin ein Pseudonym, doch die Betreiber haben persönliche Daten wie Name, Adresse, Telefonnummer. Das ist schon viel besser. Doch wer will insbesondere Facebook noch mehr Daten liefern als unbedingt nötig? Auch sind Datenmissbrauch und Datendiebstahl zu befürchten. Und die Vorratsdatenspeicherung (dauerhafte, anlasslose Speicherung zahlreicher Daten von allen) haben Verfassungsgerichte schon mehrfach gekippt.

So funktioniert die Login-Falle

Was also tun? Der Verein „D64 | Zentrum für digitalen Fortschritt“ hat eine interessante und vielversprechende Lösung entwickelt, die „Login Falle“. Sie soll vor allem in Fällen helfen, in denen auf Facebook, Twitter, Instagram und Co. Menschen beleidigt oder gedemütigt, oder wenn Hass und Hetze verbreitet werden. Das Netzwerkdurchsetzungsgesetz (NetzDG) sieht in solchen Fällen vor, dass die Plattformen solche Straftaten aktiv melden. Aber wer sind die Täter?

Hier kommt die Login-Fall ins Spiel. Beispiel: Sylvia wird vom Nutzer „McSchlau“ auf Facebook beleidigt und bedroht:

  1. Sylvia zeigt den Post direkt auf der Plattform über ein Online-Formular bei der zuständigen Polizeibehörde an. Der beleidigende Post wird der Polizei automatisch mitübermittelt, ohne dass es manueller Screenshots bedarf.
  2. Geschulte Polizeibeamte prüfen die Anzeige, erkennen einen Anfangsverdacht und lassen bei Facebook die „Login-Falle“ für „McSchkau“ scharf stellen.
  3. Die Facebook-App auf dem Smartphone von „McSchlau“ ruft entweder im Hintergrund Aktualisierungen ab oder „McSchlau“ öffnet aktiv Facebook in einem Browser, um sich neue Posts anzugucken.
  4. Die Login-Falle schnappt zu: Kurzfristig (bestenfalls in Echtzeit) wird die IP-Adresse von „McSchlau“, über die die erneute Anmeldung stattfindet, an die zuständige Ermittlungsbehörde übermittelt.
  5. Die Ermittlungsbehörde leitet die IP-Adresse an den zuständigen Telekommunikationsanbieter weiter und erhält von dort die gespeicherten Stammdaten (Name und Anschrift).
  6. „McSchlau“ wird erfolgreich identifiziert. Nun kann Anklage erhoben werden

Wunderbar: Ein extrem datensparsames Konzept. Es werden nur in begründeten Fällen Daten erhoben. Nicht Facebook entscheidet, sondern Beamte. Ein einfaches und sicher wirksames Instrument. Denn allein die Tatsache, dass es dieses Instrument gibt, würde wahrscheinlich die Mehrheit der problematischen Inhalte verschwinden lassen.

Wirksam vor allem auf Plattformen

Klar: Das bedeutet Aufwand. Und ebenso klar: Es gibt Lücken. Etwa, wenn sich User über ein VPN einloggen. Und die Login-Falle funktioniert auch nicht überall (etwa auf Telegram). Aber es ist auf jeden Falle in frischer Ansatz, der auch Markus Beckedahl von netzpolitig.org grundsätzlich gefällt.

Mir auch. Allerdings werden wir die genaue Ausgestaltung der Gesetzgebung abwarten müssen.

 

Markus Beckedahl über die geplante Login-Falle

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