Elon Musk übernimmt Twitter: Was bedeutet das?

von | 30.10.2022 | Social Networks

Nach wochenlangem Hin und Her steht nun fest: Elon Musk übernimmt Twitter. Der reichste Mann der Welt hat schon diverse Veränderungen angekündigt. Aber kann es richtig sein, dass ein Mensch eine öffentliche Plattform steuert?

Nun also doch: Elon Musk übernimmt Twitter. Einen der größten Social Media Dienste der Welt. Als einzelner Mann. Der reichste Mann der Welt legt 44 Milliarden Dollar hin, und kauft das Unternehmen einfach.

Eine seiner vermeintlich ersten Amtshandlungen in der Firmenzentrale San Francisco: Er schmeißt den Justiziar hinaus. Der wird durch Wachleute nach außen eskortiert. Und er trägt ein Waschbecken ins Gebäude – selbst. „Let that sink in!“, ruft er den Leuten zu. Was das alles zu bedeuten hat, darüber habe ich mit unserem Netzdenker Jörg Schieb vor der Sendung gesprochen…

Elon Musk mit Waschbecken in der Hand

Elon Musk mit Waschbecken in der Hand

Der Waschbecken-Coup

Aber was soll das mit dem Waschbecken – Elon Musk ist doch nicht unter die Klempner gegangen?

Elon Musk liebt den großen Auftritt und lässt sich häufig verrückte Dinge einfallen. In Berlin bei der Eröffnung des Tesla-Werks der „Giga Factory“, hat er ein Tänzchen auf das virtuelle Parkett hingelegt. Die Szene haben bestimmt viele mal im Netz oder im Fernsehen gesehen. Jetzt trägt der reichste Mann der Welt ein Waschbecken in die Firmenzentrale und ruft laut: „Let that sink in!“.

Ein englischsprachiges Wortspiel. „Sink“ ist Englisch für Waschbecken. „Let that sink in“ lässt sich hingegen mit „Gewöhnt Euch besser dran!“ übersetzen. Und schon hat er einen Punkt gemacht: Reicher Mann und auch noch Humor – und die Medienwelt hat ihr Bild.

Treffer, So etwas hätte ein Bill Gates niemals gemacht. Aber Elon Musk ist eben ein anderer Typ: Egoman, Egozentriker, Medienmensch. Dass er nun nach monatelangem Hin und Her Twitter übernimmt, scheint fast folgerichtig.

Kevin Kühnert hat seinen Twitter Account auf Eis gelegt

Was will Elon Musk mit Twitter?

Und Elon Musk hat da gleich den Chef-Justiziar Sean Edgett  vor die Tür gesetzt – in den USA geht so etwas ja.

Wir können ihm natürlich nur vor die Stirn gucken. Aber er sieht ganz offensichtlich in Twitter eine riesige Chance, etwas zu bewegen. Und das hätte Twitter auch wirklich dringend nötig: Während Facebook, Instagram, Youtube und TikTok sich bewegen und wachsen, tritt Twitter seit Jahren mehr oder weniger auf der Stelle.

Es entwickelt sich nicht. Und genau deshalb gibt es in der Tat Potenzial: Twitter hat eine treue Fangemeinde, vor allem Politiker, Journalisten, Netzaktivisten, Intellektuelle, Medien und Agenturen. Da ist mehr möglich. Mehr Multimedia. Mehr Meinung. Mehr Unterhaltung. All das würde ein optimales Werbeumfeld schaffen – ganz anders als jetzt. Ich könnte mir gut vorstellen, dass Musk in diese Richtung will.

Elon Musk

Twitter „befreit“

Was Elon Musk ja ausdrücklich angekündigt hat, ist Twitter „befreien“ zu wollen. Er hat vollständige Meinungsfreiheit versprochen.

Elon Musk ist jemand, der gerne provoziert – das muss man immer mitdenken. Er hat in der Tat einiges angekündigt, unter anderem, dass Donald Trump wieder Zugang zu Twitter bekommen soll. Der war nach den unsäglichen Vorgängen im Januar 2021 mit dem Sturm aufs Kapitol endgültig auf Twitter gesperrt worden.

Jetzt sagt Musk: Es soll keine lebenslangen Sperren mehr geben. Das klingt schon etwas weniger laut. Vor einigen Wochen hat Musk in der Tat angekündigt, Menschen sollen auf Twitter „alles sagen dürfen – grenzenlose Redefreiheit!“ Das ist natürlich Unsinn. Es gibt Gesetze und Regeln, auch in den USA, hier bei uns sowieso.

Auch ein Musk dürfte und könnte so etwas nicht durchsetzen. Mir fällt auf, dass er jetzt schon anders redet. In einem Statement an die Werbekunden sagt er: Twitter dürfe kein »Ort des Grauens« werden, wo ohne Konsequenzen alles gesagt werden könne, schrieb Musk in einem offenen Brief. Die Plattform müsse »warm und einladend für alle« sein. Das klingt schon ganz anders – realistischer.

Twitter will mehr verdienen mit Werbung

Elon Musk hat angekündigt, dass Twitter-Nutzer individualisierte Werbung präsentiert bekommen sollen. Das hören Werbekunden gerne, das funktioniert am besten – und ist daher auch teurer. In der Tat ist Twitter hier unterentwickelt. Das bedeutet aber für die User: Sie werden künftig auch bei Twitter durchleuchtet.

Denn nur, wenn Interessen, Aktivitäten, Aufenthaltsort und vieles mehr erfasst und ausgewertet werden, lassen sich individualisierte Anzeigen ausspielen. Das hat Twitter bislang kaum gemacht – das wird sich ändern und ganz sicher auch zu Widerstand führen, gerade und insbesondere bei der typischen Klientel.

In der Politik steht Twitter ja aktuell eher nicht so hoch im Kurs: Habeck, Kühnert, Esken – sie alle haben Twitter verlassen. Habeck ist zurück als Minister. Aber alle sagen: Das Unternehmen hat zu viel Macht. Das gilt natürlich für alle großen Konzerne.

Was die Zukunft bringt

Wird Twitter jetzt durchstarten?

Schwer zu sagen. Musk traut sich was, denkt um die Ecke, geht auch finanzielle Risiken ein. Eins steht fest: Twitter wird sich erheblich verändern. Ob das allen gefällt, bleibt abzuwarten. Es ist für Twitter aus meiner Sicht eindeutig eine Chance.