EU-Bürger wünschen sich mehr Initiative gegen Desinformation

von | 11.08.2023 | Internet

Eine aktuelle studie belegt: Die Mehrheit der Menschen in der EU ist häufig bis sehr häufig verunsichert, wenn sie Informationen im Netz sehen. Was sind geeignete Maßnahmen gegen gezielte Desinformation – und wie erkennt man sie?

Informationen und Nachrichten sind wichtig. Sie sollten aber auch stimmen. Führende Zeitungen, Zeitschriften, aber auch wir hier bei Radio und Fernsehen bemühen uns, Sie nur mit Infos zu versorgen, die korrekt sind. Klappt nicht immer, Fehler passieren. Problematisch sind aber gezielte Desinformationen, die ganz bewusst verteilt werden, um Unruhe zu stiften oder die Gesellschaft zu spalten.

Und davon gibt es reichlich. Social Media, Blogs, Podcasts, Telegram – die Menschen informieren sich heute auf so vielen Kanälen. Und viele rechnen sogar damit, im Netz auf Desinformation zu treffen. Laut einer aktuellen Studie der Bertelsmann Stiftung, die gerade veröffentlicht wurde, sind 54% der Menschen in der EU häufig oder sehr häufig verunsichert, wenn ihnen Informationen im Internet begegnen. Die Mehrheit also.

Skepsis ist erst mal eine verständliche und auch eine gute Reaktion. Denn die Palette an Desinformation ist riesig – und wird immer größer: Von kurzen Textbotschaften auf Twitter für Schautafeln oder Fotos bis hin zu professionell gemachten Videos, die ganz bewusst aufstacheln, Tatsachen verdrehen, aufhetzen oder die Unwahrheit sagen.

Da TikTok, Instagram und Co. heute die wichtigste Informationsquelle für viele Menschen sind, kommen immer öfter Videos zum Einsatz. Videos, die Dinge unzulässig verkürzen oder auf den Kopf stellen. Gerade in den letzten Wochen und Monaten sind es immer öfter auch mit KI erzeugte Fotos oder Videos, die verblüffend echt aussehen – und die, die es sehen, noch mehr auf die Probe stellen.

DeepFake

DeepFake überfluten die Sozialen Netzwerke

Woher Desinformation kommt

Es gibt verschiedene Quellen. Besonders problematisch sind derzeit Desinformation aus russischen Quellen. Die EU-Kommission hat bereits mehrfach davor gewarnt und auch einige Quellen wie „Russia Today“ verboten. Wir wissen, dass russische Troll-Fabriken – das sind Heerscharen von Mitarbeitern, die koordiniert Desinformation erstellen – ganz gezielt solche Inhalte herstellen und verbreiten, um die europäischen Gesellschaften zu destabilisieren.

Laut Bertelsmann Studie sind sich die meisten Menschen darüber im Klaren, dass es im Netz viel davon gibt. Übrigens vor allem die jungen Menschen. Doch laut der Studie haben nur rund 44 Prozent der Befragten mal etwas im Internet selbst überprüft. Das ist zu wenig. Wir sollten alle immer skeptisch sein, egal welches Medium, und relevante Dinge noch mal aktiv überprüfen.

Ein wichtiger guter Punkt: Laut Studie der Bertelsmann Stiftung haben 39% der Menschen in der EU schon bewusst Desinformation wahrgenommen. In Deutschland allerdings nur 29%. Eine große Mehrheit erwartet mehr Engagement von Politik und Plattformen.

Was können, was sollten wir tun?

Maßnahmen gegen Desinformation

Das ist leider kompliziert. Regulierung ist wichtig – sollte aber auch nicht übertrieben werden.  Wir wollen ja nicht, dass der Staat alles steuert und kontrolliert – und am Ende entscheidet, was wahr und unwahr ist. Diese Aufgabe müssen Gerichte übernehmen. Auch von den Plattformen erwarten die Menschen mehr Bemühungen, A

ber auch die Plattformen sollten nicht alleine entscheiden, was im Netz zu sehen sein darf und was nicht. Schnell kommt es zu einem „Overblocking“, dass die falschen Inhalte blockiert werden.

Desinformation als solche zu enttarnen, das ist oft alles andere als einfach. Es ist daher meiner Ansicht nach ein gutes Zusammenspiel aus praxistauglichen, anwendbaren Regeln und agilen Plattformen gefragt. Es braucht Plattformen, die wachsam sind und schnell reagieren. Denn je länger eine Desinformation im Netz ist, desto mehr Menschen haben sie gesehen – und dann lässt sie sich auch nicht mehr einfangen.

Wir wissen aus anderen Studien, dass sich Fake News sechs bis acht Mal schneller verbreiten als wahre Geschichten und 10 bis 100x mehr Menschen erreichen. Deshalb müssen Desinformationen idealerweise schnell entfernt und damit gestoppt werden.

Ein brennendes Pentagon oder Weißes Haus (hier ein Deepfake) kann Unruhe auslösen

Ein brennendes Pentagon oder Weißes Haus (hier ein Deepfake) kann Unruhe auslösen

Wie sollten wir selbst umgehen mit Desinformation

Wir selbst sind Konsumenten, aber auch Beteiligte. Was können wir tun?

Das ist ein wirklich wichtiger Punkt. Und man kann es nicht deutlich genug sagen: Nicht alles glauben, auch wenn es noch so überzeugend gemacht. Nicht gleich dem ersten Impuls folgen und ein Posting teilen, nur weil es mich aufregt, begeistert, triggert. Denn wer das macht, ist Teil des Problems, Teil der Verteilungs-Mechanik – und beschleunigt den Schneeballeffekt.

Jede Reaktion, selbst ein Kommentar, stärkt eine Desinformation. Denn teilt den Algorithmen mit: Diese Nachricht erzeugt Emotionen – und mehr Menschen bekommen es zu sehen,

Es ist daher eine gute Idee, gelegentlich mal Google oder den Chatbot des Vertrauens zu Hintergründen zu befragen. Kann das stimmen – oder will mich da nur jemand aufwiegeln? Also nicht alles sofort reflexartig teilen. Und besonders krasse und eindeutige Fälle auch melden bei den Social Media Diensten und Plattformen.

Jede Plattform bietet die Möglichkeit, dass man ein Posting meldet. Meist gibt es die Funktion unmittelbar unter dem Posting. Durch die Gesetzgebung in der EU ist es Vorschrift, dass User die Möglichkeit haben müssen, bedenkliche Inhalte zu melden. Mitarbeiter überprüfen die Inhalte dann und entfernen sie bei Bedarf. Das stoppt den Schneeballeffekt und ist wichtig.

 

 

 

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