Wer Influencer kennt: Sie machen Werbung – praktisch rund um die Uhr. Wenn sie dann mal etwas in die Kamera halten und empfehlen, ohne dafür Geld zu bekommen – ist das dann auch kennzeichnungspflichtige Werbung? Über diese Frage musste nun der Bundesgerichtshof (BGH) entscheidend – und das ist wegweisend.
Der Bundesgerichtshof (BGH) musste sich mit einer Frage beschäftigen, die sich in der „echten Welt“ viele stellen: Wann müssen Influencerinnen und Influencer, die sich in ihren Instagram-Kanälen quasi zu lebenden Litfaßsäulen machen, ein Posting eigentlich als „Werbung“ kennzeichnen – und wann nicht? Spätestens dann, wenn sie für die Werbung konkret Geld oder kostenlos Waren erhalten haben, oder auch dann, wenn sie nur etwas „empfehlen“, ohne einen direkten Vorteil dadurch gehabt zu haben?
Teilsieg für die Influencerinnen
Diese Frage beschäftigt die Gerichte schon seit Jahren. Heute (09.09.20219) hat der BGH dazu eine Entscheidung bekannt gegeben: Danach dürfen Influencerinnen wie Cathy Hummels – um sie ging es im verhandelten Fall konkret – durchaus auch schon mal einen Pulli schön finden und ihn per „Tap Tag“ verlinken, ohne das Posting als „Werbung“ kennzeichnen zu müssen. Bedingung laut den Richtern: Dafür ist kein Geld geflossen, und das Ganze ist auch nicht zu werblich.
Die Entscheidung macht die Sache in Zukunft nicht einfacher, denn natürlich könnte ein werbendes Posting auch mit dem Hintergedanken veröffentlicht werden, später mal Umsatz zu machen. Nach dem Motto: Seht her – ich zeige Eure Produkte, wie wär’s mit einem Vertrag?
„Nach dem aktuellen Stand gilt: Werbende Postings sind immer eine geschäftliche Handlung. Sie müssen trotzdem nach aktuellem Stand nur dann als Werbung oder Anzeige oder ähnliches gekennzeichnet werden, wenn es hierfür ein Entgelt oder eine andere Gegenleistung – und sei es nur das beworbene Produkt als Geschenk – gibt oder der werbende Inhalt nicht aus anderen Gründen deutlich erkennbar ist.“
Michael Terhaag, Fachanwalt aus Düsseldorf
Der BGH hat damit eine richtungsweisende Entscheidung gefällt, an die sich andere Gerichte halten müssen. Durchaus ein Teilsieg für die Influencerinnen.
Wie soll das gekennzeichnet werden?
Die Menschen haben längst akzeptiert, dass bei ihren Idolen auf Facebook, Instagram, Tiktok und Youtube (fast) nichts ohne Bezahlung läuft. Die perfekte Vermischung von Kommerz, Werbung und Selbstdarstellung ist ohnehin längst traurige Realität in den „Sozialen Netzwerken“ und lässt sich nicht mehr zurückdrehen. Daran würden auch Gesetze oder Gerichtsurteile vermutlich nicht viel ändern.
Die Realität ist: Viele „Creators“ blenden bei ihren Videos (etwa auf Youtube) schon lange Kennzeichnungen wie „Dauerwerbesendung“ oder „Werbung“ ein, um sicherzugehen, juristisch keinen Fehler zu machen – selbst dann, wenn kein Geld geflossen ist. Durch den fast schon inflationären Einsatz des „Werbung“-Emblems nehmen das die Menschen beim Betrachten vermutlich ohnehin nicht mehr wahr – oder ernst.
Allerdings: Wie konkret die Kennzeichnung erfolgen soll, ist ohne die ausformulierten Entscheidungsgründe noch nicht zu sagen. In einem der beurteilten Postings kam im beschreibenden Text das Wort „Werbung“ zwar vor, allerdings nur versteckt. In diesem Punkt haben die Richter dem Verband recht gegeben, der den Influencerinnen Schleichwerbung vorgeworfen hatte.
Juristisch bleibt’s also einigermaßen kompliziert.
Rechtsanwalt erklärt: Was dürfen Influencer und was nicht?