Was haben die Sozialen Netzwerke mit dem Sturm aufs Kapitol zu tun?

von | 08.01.2021 | Digital

Die Bilder von Mittwoch in Washington D.C. werden uns wohl für ewig in Erinnerung bleiben: Der aufgeheizte Mob stürmt das Kapitol – und dringt sogar ins Gebäude ein. Die Sozialen Medien haben zweifellos eine Rolle dabei gespielt. Aber welche? Nach dem Sturm aufs Kapitol wurden zum ersten Mal die Social Media Accounts von Donald Trump gesperrt. Was ist passiert – und wie kann und sollte es weiter gehen?

Nach dem Angriff auf das Kapitol wird über die Rolle der sogenannten Sozialen Medien diskutiert. Zu Recht?

Soziale Medien selbst verbreiten keinen Hass und keine Hetze – aber sie ermöglichen es. Deswegen sind sie Teil des Problems, nicht Teil der Lösung. Trumps gebetsmühlenartige Wiederholung, die US-Wahl sei gestohlen, hat selbstverständlich eine Wirkung. Auf Plattformen wie Twitter, Facebook, Youtube, Instagram und Co. kursieren solche Behauptungen unwidersprochen und ohne Einordung; wie Fakten.

Das hat selbstverständlich eine Wirkung – eine verheerende. Jeder hält sich auf den Plattformen in Echokammern auf – hört und liest vor allem das, was er/sie hören will. Das spaltet die Gesellschaft. Keine neue Erkenntnis, aber mit dem Sturm aufs Kapitol wurde das überdeutlich – und wird noch lange als Beleg dafür in Erinnerung bleiben.

Ähnliche Probleme auch bei uns

Aber ist das ein Problem, das wir nur in den USA haben – oder auch bei uns?

Wir haben hier genau dieselben Probleme. Wir haben zwar keine Bundeskanzlerin, die über Twitter hetzt – aber es mangelt ja nicht an Hass und Hetze im Netz. Oder an Menschen, die gewillt sind, den größten Unsinn zu verbreiten. Nehmen wir Attila Hildmann als Beispiel.

Ich denke, wir können mit Gewissheit davon ausgehen, dass er ohne Plattformen wie Youtube oder Telegram niemals derart schnell Bekanntheit erlangt hätte. Seine Ansichten hätten Mähe gehabt, die nähere Umgegung seines veganen Restaurants zu verlassen ohne die Hilfe von Telegram und Co. Das macht schon deutlich, welche Brisanz in diesen Werkzeugen steckt.

Jetzt sperren ist gut, aber zu spät

Nun haben Facebook, Twitter, Snapchat und Instagram den Account von Donald Trump gesperrt, teilweise bis zum Ende seiner Amtszeit am 20. Januar.

Ein angemessenes Vorgehen ist das natürlich nicht. Es wird ja überdeutlich, dass die Plattformen keinen wirklichen Plan haben, wie sie reagieren sollen. Dafür könnte man vielleicht Verständnis haben, wenn solche Tweets wie die von Donald Trump zuletzt eine einmalige Sache gewesen wären.

Aber wie wir alle wissen ist traurige Routine: Donald Trump hat seine Accounts – vor allem auf Twitter – stets und gerne dazu genutzt, gegnerische Politiker, Journalisten, Verbände, Firmen und gesellschaftliche Gruppen zu dissen. Die Netzwerke haben sich jahrelang schwer damit getan. Dabei wäre es dringend nötig gewesen, glasklare Regeln festzulegen, die für alle gelten – auch für Donald Trump.

Facebook wird untersucht

Wir brauchen einen großen Wurd

Die Community-Regeln der Netzwerke allein scheinen ja nicht zu reichen…

Niemand sollte so tun, als wäre Donald Trump allein das Problem. Auch andere Politiker lügen, dass sich die Balken biegen. Auch andere Menschen rufen zu Hass und Hetze auf – und haben mit Donald Trump allerdings ein prominentes Vorbild. Deswegen darf es auch keine Ausnahmen geben. Im Grunde ist es nicht richtig, zu erwarten, dass die Portale das Problem lösen – und Regeln definieren.

Das muss die Gesellschaft machen, die Politik. Es muss meiner Ansicht nach jederzeit möglich sein, innerhalb von Sekunden, bestimmte Tweets und Postings zu löschen – wenn sie gegen geltendes Recht und Regeln verstoßen. Das könnte und sollte die EU für die gesamte EU festlegen. V

on mir aus entscheidet ein unabhängiges Gremium, was zensiert werden muss – das aber sehr zeitnah. Das darf weder in den Händen der Plattformen allein liegen, noch allein in den Händen von Politik oder Regierung. Es braucht endlich kreative Lösungen.

Einfach wird es nicht. Aber mit der EU-Kommissarin Margrethe Vestager haben wir eine Politikerin, die sich durchaus mit den großen Konzernen anlegt – und gestalten will. Es wäre denkbar, machbar – und ist auf jeden Fall wünschenswert.