Instagram für iPad: Nach 13 Jahren endlich da – aber nicht ohne Haken

von | 05.09.2025 | Social Networks

Nach über einem Jahrzehnt ist es soweit: Instagram gibt es jetzt auch als native App für das iPad. Meta hat diese Woche die von vielen lang ersehnte Version veröffentlicht, die speziell für Apples Tablet optimiert wurde. Doch die Freude über die endlich verfügbare App wird schnell von einigen fragwürdigen Design-Entscheidungen getrübt.

Instagram will noch mehr Kasse machen: Ein weiteres Werbeformat
Instagram will noch mehr Kasse machen: Ein weiteres Werbeformat

Ein verspätetes Comeback

Die Geschichte der fehlenden Instagram iPad-App ist symptomatisch für Metas Prioritätensetzung. Bereits 2010 kam das erste iPad auf den Markt, zwei Jahre später übernahm Facebook Instagram für eine Milliarde Dollar.

Während andere soziale Netzwerke längst Tablet-optimierte Versionen anboten, ließen die Instagram-Macher ihre iPad-Nutzer jahrelang im Regen stehen. Diese mussten sich mit der unkomfortablen Browser-Version oder der hochskalierten iPhone-App begnügen – beides alles andere als zufriedenstellende Lösungen.

Noch 2022 erklärte Instagram-Chef Adam Mosseri öffentlich, das iPad habe für den Dienst „keine Priorität“. Eine bemerkenswerte Aussage angesichts der Millionen von iPad-Nutzern weltweit, die regelmäßig nach einer nativen App fragten. Dass Meta nun doch einlenkt, dürfte weniger der Nutzerfreundlichkeit als vielmehr dem wachsenden Konkurrenzdruck durch TikTok geschuldet sein.

Reels first – Instagram vergisst seine Wurzeln

Die neue iPad-App offenbart sofort Metas strategische Neuausrichtung: Beim ersten Öffnen landen Nutzer nicht etwa bei den klassischen Foto-Posts, mit denen Instagram einst berühmt wurde, sondern direkt bei den „Reels“ – den kurzen Videoclips, die offensichtlich TikToks Erfolgsformat kopieren sollen.

Meta begründet diese Entscheidung damit, dass „der Austausch unterhaltsamer Inhalte heute zum Großteil über Reels stattfindet“. Das mag aus statistischer Sicht stimmen, zeigt aber auch, wie weit sich Instagram von seiner ursprünglichen Vision als Plattform für kreative Fotografie entfernt hat. Die App, die einst Hobbyfotografen und Künstlern eine Bühne bot, wird immer mehr zu einem weiteren Video-Konsumkanal.

Drei Tablets zeigen soziale Medien und Chats.
Die Instagram App auf iPad nutzt die Möglichkeiten des iPad voll aus

Gelungene Anpassung mit Schwächen

Technisch macht die iPad-App einiges richtig. Das Doppellayout für Nachrichten und Benachrichtigungen nutzt den größeren Bildschirm sinnvoll aus. Die verschiedenen Feed-Optionen – „Gefolgt“, „Alle“ und „Freunde“ – bieten zumindest theoretisch mehr Kontrolle über die angezeigten Inhalte.

Praktisch bleibt jedoch unklar, nach welchen Kriterien der undurchsichtige Meta-Algorithmus die Inhalte in den Tabs „Alle“ und „Freunde“ kuratiert. Nur die „Neueste“-Ansicht im „Gefolgt“-Tab zeigt Posts tatsächlich chronologisch an.

Problematisch wird es bei der Querformat-Darstellung. Zwar nutzt Instagram die Bildschirmbreite des iPads aus, allerdings entstehen dadurch oft große ungenutzte Flächen, die das Interface unausgewogen wirken lassen. Hier hätte man sich kreativere Lösungen gewünscht, etwa zusätzliche Sidebar-Funktionen oder eine verbesserte Übersichtsdarstellung.

Das Geschäftsmodell bleibt fragwürdig

Wie die mobile Version ist auch die iPad-App grundsätzlich kostenlos – solange man Meta die umfassende Werbeverfolgung gestattet. Wer seine Privatsphäre schützen möchte, kann für mindestens sechs Euro monatlich ein werbefreies Abo abschließen. In der iPad-Version scheint diese Option derzeit jedoch noch nicht verfügbar zu sein, was Datenschutz-bewusste Nutzer vor zusätzliche Probleme stellt.

Die als In-App-Kauf angebotene Verifizierung für 16,99 Euro richtet sich ohnehin hauptsächlich an Influencer und Unternehmen. Für Privatnutzer bleibt sie weitgehend irrelevant, zumal der blaue Haken längst nicht mehr die Authentizität garantiert, die er ursprünglich signalisieren sollte.

Verpasste Chancen und späte Einsicht

Die iPad-App von Instagram ist zweifellos ein Fortschritt gegenüber den bisherigen Notlösungen. Sie zeigt aber auch exemplarisch, wie Meta seine Produktentscheidungen trifft: Nicht nutzerorientiert, sondern reaktiv auf Konkurrenzdruck. Hätte das Unternehmen bereits vor Jahren eine native iPad-Version entwickelt, wäre der Funktionsumfang vermutlich durchdachter und weniger von der aktuellen Video-Obsession geprägt.

Besonders ärgerlich ist die einseitige Fokussierung auf Reels beim App-Start. Instagram war einmal eine Plattform, die Kreativität und hochwertige Fotografie förderte. Diese Tradition wird mit der neuen iPad-App weiter verwässert zugunsten schnell konsumierbarer Videohäppchen.

Fazit: Besser spät als nie – aber mit Abstrichen

Nach 13 Jahren Wartezeit haben iPad-Nutzer endlich eine native Instagram-App. Sie funktioniert solide und nutzt die Tablet-Hardware angemessen aus. Allerdings spiegelt sie auch Metas problematische Strategieänderungen wider: weg von der ursprünglichen Foto-Community, hin zu einem weiteren Video-Konsumkanal im Kampf gegen TikTok.

Wer Instagram hauptsächlich für Reels und Stories nutzt, wird mit der iPad-Version zufrieden sein. Nutzer, die sich nach den ursprünglichen Instagram-Tugenden sehnen – durchdachte Fotografie, kreative Bearbeitung und echte Community-Interaktion – werden auch mit der neuen App weiterhin das Gefühl haben, dass Instagram seine Seele verkauft hat.

Die iPad-App ist damit ein Symbol für Instagram im Jahr 2025: technisch kompetent, kommerziell erfolgreich, aber weit entfernt von der Vision, die einst Millionen von Nutzern begeisterte.