Kritik an TikTok nimmt deutlich zu

von | 15.12.2022 | Internet

Es wird ungemütlicher für Social Media Plattformen. In den USA wird (wieder) offen über ein Verbot von TikTok gesprochen – und sogar politisch gefordert. Und bei uns stören sich Datenschutzbeauftragte daran, dass öffentlich-rechtliche Sender die Menschen zu kommerziellen Plattformen senden.

Social Media ist heute das Handwerkszeug eines jeden, der mit Menschen in Kontakt treten will. Ob Ladenbesitzer, Restaurant, Partei – oder auch Medien wie Zeitung, Zeitschrift oder Sender. Alle müssen heute auf Social Media Kanälen wie Instagram, Youtube, Tiktok präsent sein, um die Menschen zu erreichen. Um ihnen mitzuteilen und zu zeigen, was es gerade Neues gibt und was los ist.

Aber ein Social Media Dienst gerät dabei besonders in die Kritik – und das ist TikTok. Die Video-Plattform, die vor allem bei jungen Menschen punktet und hier besonders schnell wächst. Weil TikTok aus China kommt und sich noch konsequenter jeder Kontrolle entzieht als die amerikanischen Plattformen, befürchten viele. Selbst die Datenschutzbeauftragten der öffentlich-rechtlichen Sender schlagen Alarm.

Datenschutzbeauftragter sieht kommerzielle Plattformen kritisch

Die öffentlich-rechtlichen Sender haben mittlerweile einen gemeinsamen Rundfunkdatenschutzbeauftragten, der WDR, BR, SR, Deutschlandradio und ZDF vertritt. Reinhardt Binder heißt er. Und der hat in einem jetzt veröffentlichten Abschlussbericht gefordert: Die ÖR sollen raus aus Plattformen wie Facebook, Youtube, Instagram und vor allem TikTok.

Es geht um den Schutz der persönlichen Daten. Wir alle wissen, dass die großen Plattformen sich eine goldene Nase damit verdienen, dass sie uns wenn möglich rund um die Uhr überwachen, Daten sammeln und die Ergebnisse ihrer Datenanalysen teuer verkaufen. In erster Linie für Werbung. Wenn ÖR-Sender die Zuschauer, Zuhörer und Online-Nutzer unentwegt auf die durch und durch kommerziellen Angebote jagen, hat das ohnehin schon ein Geschmäckle.

Doch wenn Inhalte dort sogar exklusiv angeboten würden, etwa die Inhalte von „Funk“, die vor allem für junge Menschen gedacht sind und zum großen Teil exklusiv auf den Plattformen zu finden sind, dann ist das aus Sicht des Datenschutzexperten höchst problematisch. Denn niemand hat die Möglichkeit, die Dienste von Youtube, Facebook und Co. wirklich anonym zu nutzen.

Es ist tatsächlich eine Zwickmühle: Natürlich wollen und sollen die Sender dort sein, wo die Menschen sind, vor allem die jungen. Aber wenn man sie sehenden Auges in die Datenfallen schuppst, ist das zweifellos überaus problematisch. Deshalb fordert Binder mehr oder weniger deutlich: Raus aus den Plattformen!

 

Da wo die Menschen sind…

Gegenargument: Aber raus aus den Plattformen ist doch irgendwie auch wirklichkeitsfremd. Die Menschen sind doch heute online…

Natürlich. Die Forderung ist, Inhalte unabhängig von diesen Plattformen online zu stellen. Wenn dann dort darüber gesprochen wird, ist es etwas anderes. Aber die Inhalte könnten in gemeinsamen Mediatheken und/oder noch zu erarbeitenden ÖR Kommunikationsnetzwerken angeboten werden. Zumindest aber sollte ein Schwerpunkt auf das „Fediverse“ gelegt werden: Dazu gehört zum Beispiel Mastodon, die Twitter-Alternative.

Aber auch die Foto-Plattform Pixelfed oder die Video-Plattform PeerTube. Alles komplett dezentrale, vor allem aber nicht-kommerzielle Systeme. Durch die wertvollen Inhalte der ÖR könnten diese Netzwerke deutlich attraktiver werden. Und wenn man sich schon nicht aus den kommerziellen Plattformen verabschiedet, dann könnte man dort doch zumindest parallel und alternativ die Inhalte anbieten, um den Menschen attraktive Alternativen zu ermöglichen.

Social Media ist heute eine Verpflichtung

Social Media ist heute eine Verpflichtung

In den USA: TikTok verbieten

Mangelnder Datenschutz und Privatsphäre werden bei Social Media Diensten ja schon lange beklagt. Besonders in der Kritik steht aber TikTok. In den USA wird sogar laut über ein Verbot der Plattform nachgedacht.

Abgeordnete von Republikanern und Demokraten haben gemeinsam in beiden Kongresskammern Gesetzentwürfe eingebracht, um die chinesische Video-App TikTok zu verbieten. Vor einigen Jahren hatte Donald Trump so etwas schon mal vor. Jetzt wird das wieder aufgegriffen. Es geht darum, dass die App die Nutzerdaten von Millionen Amerikanern ausspionieren kann. Wer befindet sich wann wo und schaut sich was an? Wer folgt wem, welche Themen interessieren jemanden etc.

Selbst genaue Bewegungsprofile lassen sich mit einer App wie TikTok erstellen. Das ist schon bei den US-Konzernen ein Problem. Aber in China sind Staat und Unternehmen überhaupt nicht getrennt. Unternehmen müssen tun, was der Staat will. Also ist Spionage nicht nur möglich, sondern extrem wahrscheinlich. Zum selben Fazit kommt auch die FDP-Polikerin Strack-Zimmermann, mit der ich jüngst über dieses Thema gesprochen habe – und die TikTok strikt meidet.

TikTok ist vor allem bei Jugendlichen beliebt

TikTok ist vor allem bei Jugendlichen beliebt

Es gibt bessere Lösungen

Der Aufbau einer ÖR Kommunikationsplattform wäre mittelfristig eine gute Idee. Auch die Unterstützung des Fediverse. Meiner Ansicht nach sollte es aber nicht in der Verantwortung von Medien oder Sendern liegen – von niemandem, der auf den Kanälen präsent ist! –, dass es bei Social Media Diensten Probleme mit dem Datenschutz gibt.

Der Gesetzgeber hätte schließlich die Möglichkeit, die Sache klipp und klar zu regeln: Daten speichern und erst recht auswerten und persönliche Profile anfertigen ist nicht. Ende der Durchsage. Natürlich braucht es Ausnahmen, etwa für Kundenkontakte oder im kleinen und mittleren Rahmen. Aber da gibt es in der Regel keine Probleme. Die Probleme haben wir immer nur mit den großen Diensten. Die kennen kein rechtes Maß – und alle anderen müssen dafür bluten.

Das ist der falsche Ansatz. Wenn die Social-Media-Dienste keine oder nur noch sehr wenige Daten speichern könnten, müssten sie sich natürlich andere Dinge einfallen lassen. Bis hin zu kostenpflichtigen Angeboten. Am Ende wäre das aber besser und vor allem effektiver.