Ich weiss, wo Du Deine Fotos gemacht hast: Metadaten und KI veraten eine Menge
Wer Fotos macht, hinterlässt Spuren – zum Beispiel in den Metadaten. Die lassen Rückschlüsse auf den Ort der Aufnahme zu. Aber auch KI kann den herausfinden.
Fotos in Sozialen Netzwerken
Wir alle machen heute unzählige Fotos. Andauernd. Schließlich haben wir unsere Kamera immer mit dabei. Mit dem Smartphone. Oft genug verteilen wir viele der Fotos dann gleich, vor allem auf Social Media, vielleicht aber auch über Messenger wie WhatsApp oder Signal.
Schnell verliert man die Kontrolle darüber, wo die Fotos landen – und wer sie sehen kann. Dabei sollten wir unsere Fotos vielleicht nicht so freizügig verteilen. Denn die meisten Fotos enthalten Daten, die Rückschlüsse erlauben, wo ein Foto entstanden ist.
Und wer jetzt abwinkt und meint: Kenne ich doch… Moment. Mittlerweile gibt es sogar eine KI, die nur durch Analyse des Fotos, vor allem des Hintergrunds sagen kann, wo es aufgenommen wurde. Klingt spooky genug?
Fast jedes Foto hat Metadaten
Man sieht diese Angaben normalerweise auch nicht. Wir sprechen hier über sogenannte Metadaten, die in der Bilddatei enthalten sind, aber nicht im sichtbaren Bereich. Wer sich Metadaten eines Fotos anschauen will, muss etwas Aufwand betreiben.
Doch in allen Betriebssystemen – ob Windows, MacOS, iOS oder Android – ist es möglich, sich die Metadaten anzuschauen. In der Regel muss man das Foto auswählen und dann eine Funktion „Info“ oder „Eigenschaften“ aufrufen, dann erscheinen die Metadaten – auch die sogenannten „Exif“-Daten.
Da steht unter anderen auch, wo die Aufnahme entstanden ist – mit Längen- und Breitengrad. Auch eine Menge weiterer Infos, etwa, mit welcher Kamera oder mit welchem Smartphone ich fotografiert habe. Sogar, welche Blende die Kamera verwendet hat und ob der Blitz ausgelöst wurde.
Wer Fotos teilt, teilt oft auch den Standort
Und wenn ich meine Fotos teile, dann gebe ich all diese Informationen auch weiter?
Prinzipiell schon – aber nicht immer. Wenn du die Fotos mit einem Messenger verschickst, passiert es häufig, dass die Empfänger der Fotos die Metadaten nicht mehr erhalten, der Anbieter der App allerdings schon. So ist es zum Beispiel bei WhatsApp und Facebook Messenger. Signal hingegen entfernt die Metadaten noch vor dem Absenden. Es kommt also drauf an.
Wer ein Foto per E-Mail verschickt oder in die Cloud hochlädt und dann den Link teilt, der teilt auch die Metadaten. Wer hingegen seine Fotos bei Facebook oder Instagram hochlädt, kann sicher sein: Alle, die sich die Fotos anschauen, können den Aufnahmeort nicht sehen, da Facebook und Instagram die Daten vorher entfernen.
Der Meta-Konzern bekommt sie aber schon. Der sammelt alle Daten, auch die Standortdaten der Fotos und weiß also so, wo man sich aufgehalten hat und wo man Fotos macht.
Prinzipiell ist es auch bei Videos möglich; aber viele Apps oder Kameras speichern diese Daten nur, wenn man es ausdrücklich will.
Klare Vorteile von Meta- und Geodaten
Jeder kann die Metadaten aber auch für eigene Zwecke nutzen.
Die Metadaten bieten viele Vorteile. Wer mit hochwertigen Kameras fotografiert und seine Fotos später bearbeiten will, sieht sogar, mit welcher Blende, welchem Objektiv, welcher Belichtungszeit fotografiert wurde – das kann ungeheuer hilfreich sein.
Aber auch wer nur mit dem Smartphone fotografiert, kann Vorteile haben. iPhones und Android-Handys und auch die Cloud-Dienste für Fotos bieten die Möglichkeit, ganz gezielt Fotos herauszusuchen, die an einem bestimmten Ort aufgenommen wurden.
Gib einfach mal „Mallorca“ oder „Bordeaux“ ein in der Foto-Suche – Du wirst dann schon sehen, was ich meine. Die App zeigt dir nur die Fotos, die vor Ort gemacht wurden – oder zeigt in einer Landkarte an, wo welche Fotos entstanden sind. Das ist sehr praktisch.
Aber auch Polizei oder Strafverfolgungsbehörden können diese Geodaten in Fotos im Einzelfall nutzen, etwa wenn sie herausfinden wollen oder müssen, wo ein Foto entstanden ist. In solchen Fällen ist es natürlich hilfreich, wenn die Metadaten noch da sind.
Wenn Metadaten geteilt werden
Kommen wir auf die Nachteile zu sprechen: Was bedeutet es, wenn ich diese Metadaten teile?
Mark Zuckerberg bedankt sich: Je mehr Daten, desto besser. Das gilt ganz besonders für Metadaten. Aber nicht nur der Meta-Konzern, jeder, der viele Fotos von dir in die Hände bekommt, kann Bewegungsprofile anfertigen. Weiss, wann du Tennis spielst und wo, an welchen Orten du bevorzugt Urlaub machst und wo deine Freunde wohnen.
Standortdaten sind vielleicht die sensibelsten Informationen, die man teilen kann. Weil man gewiss nicht möchte, dass Fremde wissen, wo man sich aufhält – außer vielleicht, wenn man gerade in Paris ist und den Eiffelturm postet. Da ist es offensichtlich, dass man möchte, dass jeder weiß, wo man gerade ist.
Aber wer ein Refugium hat, von dem niemand erfahren soll, der ist gut beraten, dort keine Fotos zu machen und die zu teilen.
Metadaten los werden
Wenn ich also nicht möchte, dass andere meine Standortdaten teilen, muss ich diese Metadaten loswerden.
Sagen wir mal so: Facebook, Whatsapp und Instagram sind so freundlich, die Metadaten abzuschneiden, bevor sie an Dritte weitergegeben werden. Doch Meta sammelt die Daten, wie bereits erwähnt.
Wer die Metadaten entfernen möchte, kann das bei jedem Foto manuell machen – oder Tools benutzen, die das schneller erledigen und bei vielen Fotos gleichzeitig. Solche Tools nennen sich ExifTool oder Gimp auf dem Desktop, oder Metapho (iOS) oder Photo Exif Editor (Android) – oder man geht auf eine Webseite wie EXIF.tools.
Es macht also Mühe. Aber wenn man Fotos von seinem Refugium publizieren möchte oder einfach nicht möchte, dass andere wissen wo man ist, gilt: Entweder gar keine Fotos veröffentlichen oder sich vorher die Mühe machen, die Metadaten zu entfernen.
Geospy: Eine KI erkennt den Aufnahmeort
Es gibt jetzt aber auch KIs, auch ohne Metadaten rausfinden, wo ein Foto aufgenommen wurde. Klingt irgendwie spooky.
Die KI nennt sich Geospy AI und wurde von einem kleinen Team von drei Brüdern in den USA entwickelt. Ich habe mit den Gründern gesprochen, um die genaue Funktionsweise und auch die Motivation zu verstehen.
Die Handhabung ist wirklich einfach: Webseite aufrufen – die ist für jeden frei zugänglich –, ein Foto hochladen. Fertig, das Ergebnis steht auf dem Bildschirm, Zum Beispiel ein Foto vom letzten Trip, ein Straßenzug mit schicken Häusern. Man ahnt, das könnte England sein. Doch die KI zeigt tatsächlich die genaue Position in London.
Jeder kann Geospy benutzen, im Web. Es kostet nicht mal was.
Einzige Bedingung: Die Fotos müssen draußen aufgenommen worden sein. Man muss etwas von der Landschaft und der Stadt sehen.
Noch keine perfekte Genauigkeit
Die Genauigkeit ist im Augenblick noch sehr durchwachsen. Manchmal klappt das erstaunlich gut, manchmal liegt sie aber auch total daneben. Ein Foto aus London oder Paris funktioniert super, vor allem wenn Häuser oder markante Punkte zu sehen sind, und sei es nur angedeutet. Auf dem Land funktioniert es noch nicht so gut.
Die Betreiber sagen aber auch: Die KI steht ganz am Anfang. Sie befindet sich noch im Testbetrieb, Betastadium, und muss noch lernen. So ist das bei jeder KI.
Die öffentlich für jeden zugängliche Version soll auch gar nicht so genau sein, damit kein Schindluder damit getrieben wird. Doch die Betreiber haben auch eine Pro-Version am Start. Die ist sehr viel präziser. Die Pro-Version soll kostenpflichtig sein und ist für Polizei, Strafvollzugsbehörden und Journalisten – gedacht. Also für alle, die manchmal rausfinden müssen, wo ein Foto gemacht wurde.
Das erklärte Ziel der Betreiber: Jede Aufnahme genau zuordnen zu können.
So findet die KI den Ort der Aufnahme
Das Unternehmen ist sehr zurückhaltend mit Informationen. Laut Betreiber hat die sich Millionen von Fotos angeschaut, auch Straßenfotos. Ich gehe davon aus, die KI wurde mit den Bildern aus Google Streetview und/oder Apple Lookaround „gefüttert“, also daran trainiert. Diese Daten sind öffentlich zugänglich und zeigen die halbe Welt von der Straße aus, das wäre naheliegend. Dazu kommen noch weitere öffentlich zugängliche Fotos.
Darüber hinaus erkennt die KI Baustil, Wetterverhältnisse, Vegetation und viele andere Details, das hilft beim Sherlock Holmes spielen und erlaubt Rückschlüsse. Auch das habe ich probiert: Ein Foto, das ich am Gardesee gemacht habe. Die KI erkennt das treffend, obwohl es eigentlich keine konkreten Hinweise gibt. Der Ort stimmt nicht ganz genau, es ist der Nachbarort. Schon spooky. Bei anderen Fotos haut sie völlig daneben. Es läuft also noch längst nicht perfekt. Aber je mehr die KI trainiert wird, desto besser wird sie.
Vorsicht beim Posten von Fotos
Aber was bedeutet das für die Zukunft: Was für einen selbst manchmal nützlich sein kann, ist doch gleichzeitig auch ein Fluch?
Unbedingt. Denn wenn irgendwann fast jedes auf Social Media gepostete Foto Rückschlüsse auf den aktuellen Aufenthaltsort erlaubt, kann es ein zunehmendes Risiko werden, die Bilder zu posten. Man möchte sich nicht vorstellen, was Stalker damit anstellen. Sie können ihre Opfer noch einfacher ausspionieren. Noch weniger Privatsphäre, zumindest wenn wir Fotos posten.
Wir werden also womöglich besser aufpassen müssen, was im Hintergrund eines Bildes zu sehen ist – oder nur noch in Innenräumen fotografieren. Noch arbeitet diese KI alles andere als perfekt – irgendwann aber schon. Dann wird man darüber sprechen müssen, was erlaubt ist und was nicht.